Portrait

Als ich 1958 im Alter von 9 Jahren aus dem schönen München nach Hamburg umzog, ahnte ich noch nicht, dass diese neue Stadt noch schöner sein sollte. Hier baute ich ein Abitur, dessen Zeugnis nicht an die Wand gehängt werden sollte, sondern in der Dokumentenmappe gut aufgehoben ist. Danach ein bisschen mehr Bundeswehr als üblich, aber dann auch schon Studium – nichts mit Medien, sondern die beliebten Geisteswissenschaften Germanistik und Geschichte.

Der Berufswunsch Lehrer wurde dezent unter den Teppich gekehrt. Ich entschied mich für mehr Welt, mehr Flair, näher am Puls der Zeit zu sein und wurde Dokumentar im größten Zeitungshaus der Stadt. In Hamburg lernte ich die Frau meines Lebens kennen und in Hamburg sahen wir unsere beiden Kinder groß werden.

Ich war also schon auf dem Weg in die Behaglichkeit, da stellte sich mir das Theater in den Weg. Über familiäre Bande geriet ich ins Kellertheater, zunächst als Inspizient, als Kulissenschlepper, als Kaffeekocher. dann die ersten kleinen Rollen, die ersten Workshops, die erste Ahnung, was Schauspielen bedeutet. Ich war hungrig und wollte spielen – und ich spielte und spielte.

Ohne die Workshops von Claus Unzen und das Coaching von Rolf Becker hätte ich auf der Bühne niemals die Tiefe erreicht, die ich erleben durfte. Dann die erste Regie – es blieb ein Versuch, der scheiterte. Auch der zweite. Also spielte ich lieber weiter – das konnte ich. Spielte in Antigone und Skylight, Extremities und Tango, Tagräumer, Endstation und noch weiteren Stücken.

Die Erinnerung, dass ich einmal Gitarre spielen konnte, wurde wieder wach. Kurzerhand kaufte ich mir eine Gibson, die ich schon früher immer haben wollte, und spielte 3 Jahre in einer Coverband mit Bandkollegen, die meine Söhne hätten sein können. Als die Verstärker immer schwerer und die Sets immer anstrengender wurden, stellte ich die Gitarre in den Schrank - bevor man mich dorthin gestellt hätte.

Die Zeit für Regie war reif. Überreif. Bei „Literatenspiele“ von David Lodge passte alles. Ja, das Stück war einen Tick zu lang, einen Tick zu unbekannt, aber verdammt gut und ich bin heute noch stolz, was mein damaliges Team und ich da zustande gebracht haben. Damit war das Eis gebrochen. Regie wurde meine Passion. Ein Stück kam zum anderen.

Ein Abkömmling meiner Theaterleidenschaft ist das Vorlesen und Rezitieren. Seit 2004 heißt es „Gebert liest!“, weit über Hamburgs Stadtgrenzen hinaus bis ins ferne Rheinland. Für Kulturbühnen und –bistros, inhabergeführte Buchhandlungen, aber auch ehrenamtlich in Rehakliniken oder Seniorenresidenzen erschaffe ich Lesewelten – von klassisch bis modern, dramatisch bis lustig, lustvoll bis lyrisch. Die Jahre haben die Schatzkammer feiner Texte befüllt.

Seit fast 10 Jahren produziere ich im Bürgerradio TIDE 96.0 die literarische Sendung „handverlesen“ – und das ist meine Lese-Spielwiese. Hier darf ich mich austoben. Gebert pur. Mein Forum für Texte und Stories, die mich ganz persönlich erheitert oder berührt haben. Texte, die ich liebe, die ich interpretieren und im Radio mit der Welt teilen darf.